Sonntag, 2. April 2017

Rezension: Ferdinand Sutterlüty "Was ist eine Gewaltkarriere?"



Ferdinand, Sutterlüty: Was ist eine „Gewaltkarriere“?, in: Zeitschrift für Soziologie (2004), S. 266-284.

Ferdinand Sutterlüty beschäftigte sich vier Jahre lang mit der Befragung von 18 Berliner Jugendlichen zwischen 15 und 21 Jahren welche, außer drei Vergleichsfällen, des Öfteren gewalttätig geworden sind. Aus den erhobenen Daten versuchte Sutterlüty ein Muster zu erkennen welches die Gewaltbereitschaft der Jugendlichen erklärt.
Der Text von Sutterlüty geht der schon in der Betitelung gestellten Frage nach „Was eine Gewaltkarriere“ ist. Dabei geht der Begriff selbst auf Edwin M. Lemert zurück der von „abweichenden Karrieren“ in Bezug auf Gewalt und Kriminalität sprach. Der Ausdruck „Karriere“ kann in diesem Zusammenhang in die Irre führen, da nicht etwa von einer vorgegebenen Laufbahn die Rede ist, sondern mehr von dem phasenweisen Durchleben von Hilflosigkeit und Gewalt. Sutterlüty argumentiert, dass die von ihm befragten Jugendlichen alle gewisse Gemeinsamkeiten aufwiesen. Dabei handelt es sich um die Geringschätzung und oder die körperliche Gewalt die ihnen in der eigenen Familie wieder fahren ist. Er stellt die These auf, dass Menschen die bereits in jungen Jahren zur Gewalt neigen, in ihrem Leben einen gewissen Punkt erreicht haben, an dem sie vom Opfer zum Täter wurden. Das wiederholte ausgesetzt sein von Gewalt und das Gefühl von Hilflosigkeit regt in dem Opfer das Verlangen „zurückzuhauen“. Geschieht dies, durchlebt das Opfer einen Rollentausch in Form eines „Befreiungsschlags“ (Sutterlüty, 2004, S. 273). Sutterlüty bringt außerdem den Begriff der „gewaltaffinen Interpretationsregimes“ in seine Argumentation ein. Dabei handelt es sich um die Sicht der Jugendlichen, die von Deutungsmustern bestimmt sind die eine gewaltsame Antwort als die naheliegenste erscheinen lassen. Dies muss nicht zwingend zu einer gewaltsamen Handlung führen, jedoch handelt es sich um eine „Handlungsdisposition, deren Realisierung von den vielfältigsten situativen Kontextbedingungen und den je vorhandenen Gelegenheitsstrukturen abhängig sind“ (vgl. ebd. S. 257). Wird Gewalt ausgeübt, so empfinden die Jugendlichen das als „geil“, was so viel bedeutet wie es wird die gewaltsame Handlung mit etwas Positivem Verknüpft. Allerdings wird von den Gewaltausübenden erkannt, dass dies nicht der Norm entspricht. So beschreibt einer der Befragten seinen Hang zur Gewalt als „perverse Ader“ (vlg. Ebd. S. 279). Es geht den Jugendlichen laut Sutterlütys Text voranging um das Ausüben von Macht und das Gefühl der Überlegenheit gegenüber Anderen.
Der Text enthält einen guten Ansatz um das Verhalten von gewalttätigen Jugendlichen zu erklären und besser zu verstehen. Es wäre vielleicht interessant mit Hilfe der beiden verwendeten Leitfäden weitere Interviews mit weiteren Jugendlichen zu führen um eine aussagekräftigere Stichprobenanzahl zu bekommen. Des Weiteren könnte man an einem Lösungsansatz arbeiten, um betroffenen Jugendlichen zu Helfen aus diesem Schema auszubrechen oder erst gar nicht in ein gewaltbereites Umfeld zu gelangen.
Zusammenfassend ist der Text gut verständlich geschrieben, der einzige Kritikpunkt ist, dass zu Beginn eine Warnung angebracht wäre, da der Text sehr detaillierte Szenen enthält die manche Gemüter als verstörend erachten könnten.

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