Mittwoch, 26. Oktober 2016

Text: "Über den Wert des Eigenen und des Fremden" - Justin Stagl

Hey meine Lieben,

Heute will ich euch einen kurzen Einblick in den Text von Justin Stagl geben. "Über den Wert des Eigenen und des Fremden" behandelt das Thema der Globalisierung und der Emigration.

In der heutigen Zeit ist durch Globalisierung, Reisefreiheit und dem Internet, das Aufeinandertreffen von verschiedenen Kulturen und Gruppen alltäglich geworden. Wie wir damit umgehen und warum wir uns trotz weltweiter Vernetzung zu einer bestimmten Gruppe „zugehörig“ fühlen, wird in dem Text „ Über den Wert des Eigenen und des Fremden“ von Justin Stagl aufgearbeitet und beschrieben.
In der vorliegenden Rezension wird nach einer kurzen Inhaltsangabe eine Kontextualisierung vorgenommen, woraufhin eine kritische Betrachtung folgt.

Inhalt:

Einleitend fordert Stagl den Leser auf sich an einem kurzen Gedankenexperiment zu versuchen. Dabei geht es um die fiktive Begebenheit, es gäbe nur eine Menschengruppe auf dieser Welt. Hierbei kommt er zu dem Schluss, dass dies nicht möglich ist, da diese Menschen keine Identität hätten. Der Mensch braucht eine, wie Stagl es nennt, „Anders-Gruppe“ um seine Eigenidentität zu bestimmen. Das abgrenzen von solchen „Anders-Gruppen“ bestärkt das „Wir-Gefühl“, welches dafür verantwortlich ist, dass die Einzelnen zur Solidarität untereinander und zum Erbringen von Opfern füreinander motiviert sind“ (vgl. Stagl, 2003, S.33). Stagl unterscheidet im ersten Teil seines Textes im Großen und Ganzen zwischen dem „Eigenen“ welches Sicherheit, Ordnung und Normalität verspricht und dem „Fremden“, welches wiederrum Chaos und Gefahr symbolisiert.
Im zweiten Teil des Textes erklärt Stagt die graduellen Abstufungen des Eigenen und des Fremden. Es gibt verschiedene Strategien um mit „Fremden“ umzugehen. Eine davon ist das sogenannte Höflichkeitsritual, das zu Ehren des Gastes abgehalten wird, jedoch auch zur Wahrung der Distanz dient. Auch die Verschmelzung verschiedener Gruppen wird thematisiert.
Im nächsten Teil werden drei grundlegende Begriffe erklärt. Der „Reisende“ welcher das Eigene in der Fremde repräsentiert ist dabei das Gegenstück des „Gastes“, welcher das Fremde im Eigenen darstellt. Jedoch gibt es eine weitere Figur welche vielleicht die Interessanteste der drei ist. Der „Fremde“ ist der Gast der zu lange geblieben ist, dabei greift Stagl auf den „Exkurs über den Fremden“ von Georg Simmel zurück. Auf diese Begebenheit wird später noch genauer eingegangen.
Der letzte Teil des Textes ist einem sehr wichtigen Punkt gewidmet. Der Bereitschaft etwas Fremdes in das Eigene aufzunehmen. Hierbei gilt die einfache Regel: „Je komplexer und umfassender ein Gruppe aber wird, desto größer wird tendenziell ihre Kapazität, Fremdes und Fremde aufzunehmen.“ (Stagl, 2003, S. 39)


Kontextualisierung

Stagl greift in seinen Ausführungen auf Georg Simmels „Exkurs über den Fremden“ zurück, in den Simmel damals besonders an die Juden denkt. Für Simmel ist der Fremde jemand der keine Möglichkeit mehr hat in seine Heimat zurück zu kehren, oder schlicht weg Heimatlos ist. (vgl. Stagl, 2003, S. 38) Dies ist gerade Heute relevant. Ganz Europa hat mit einer Vielzahl an Problemen zu kämpfen, die genau aus der Situation der Heimatlosigkeit einstehen. Es kommen tausende Menschen die Schutz suchen, dabei werden sie als Fremde empfunden, zu Flüchtlingen degradiert und vom „Eigenen“ ferngehalten. Den Vollmitgliedern ist dieses Vorgehen keineswegs bewusst, ebenso wenig wie die Angst die sie insgeheim vor den „Fremden“ haben, die wie schon Stagl sagt, „Chaos“ und „Gefahr“ bedeuten. Dabei ist das Konzept der Rollenübernahme von Charon, welche ein wichtiger Bestandteil des Symbolischen Interaktionismus ist, nicht außer Acht zu lassen. Es besagt das ein Individuum seine Umgebung aus der Sicht eines andren wahrnehmen kann und somit seine eigenen Schritte und Taten lenkt. Dies ist wichtig um ein „Selbst“ („self“ nach G.H. Mead) entwickeln zu können. Sich selbst aus der Perspektive von andren beobachten zu können. Hier besteht offensichtlich eine Ähnlichkeit zu Stagls Theorie das Gruppen ihre Eigenidentität auch nur mit Hilfe von „Anders-Gruppen“ bilden kann. Nun aber suchen wir die Verbindung der Flüchtlinge und der Theorie zur Bildung des „Selbst“. Um es vereinfacht dar zu stellen ist ein Gedankenexperiment sehr hilfreich. Man stellt sich nun vor als  einzelne Person zu versuchen die Welt durch die Augen eines Fremden zu sehen, da dieser jedoch einer „Anders-Gruppe“ angehört, und somit dessen Gesetze und Bräuche für uns dem „Chaos“ nahe sind, bleibt uns dieser Blick verwehrt. Aus Unwissenheit entsteht Angst, und da unsere „Eigengruppe“ diese Empfindung nun mit uns Teilt stärkt dies den Wunsch nach Abgrenzung und auch das „Wir-Gefühl“ innerhalb der Eigengruppe.

Wertung

Der Aufbau des Textes ist sehr einfach und  verständlich gestaltet. Er Argumentiert klar, und definiert nahezu jeden seiner verwendeten Fachbegriffe. Durch anschauliche Beispiele wie zum Beispiel: „ Der Fremde ist ein Gast, der zu lange bleibt. Wer sich zu lange an das Gastrecht klammert und damit im Sinne des serbischen Sprichwortes zu „stinken“ beginnt, zeigt damit, dass er jenes braucht.“ (Stagl, 2003, S. 37) erleichtert er es dem Leser aufmerksam zu bleiben und dennoch dem Inhalt folgen zu können. Gerade in der heutigen Zeit ist das Konzept von „Eigengruppen“ und den „Anders-Gruppen“ von größter Relevanz wie das oben genannte Beispiel zeigt.

Quellen:
Blumer, Herbert (1969): Symbolic Interactionism. Perspective and Method. Berkeley u.a.: University of California Press.
Morris. Charls, Mead. Herbert (1967): Mind, Self and Society. Chicago 

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