Die Entstehung:
Das Konzept der Selbstkontrolle von Gottfredson und Hirschi wurde in ihrem Werk „A General Theory of Crime“ 1990 erstmals veröffentlicht. Es entspringt dem Versuch Kriminalität in ihrer Ganzheit zu erfassen. Dabei unterscheiden die Autoren den Prozess der kriminologischen Forschung, bis zur Entstehung des Konzeptes der Selbstkontrolle, in zwei Phasen. Zur ersten Phase zählen die klassischen Theorien wie die Rational Choice Theorie. Zur zweiten Phase gehören die, wie Gottfredson und Hirschi sie nennen, „positivistischen“ Theorien, welche das Denken des 20. Jahrhunderts dominieren. (vgl. Lamnek, 2008, S. 95f)
In der klassischen Kriminologie wird Handeln als Ergebnis willensfreier
und rationaler Entscheidungen eines Individuums verstanden. Einer der
wichtigsten Vertreter der klassischen Kriminologie ist der Mailänder Aristokrat
Cesare Beccaria. Ihm und den anderen Vertretern des klassischen Ansatzes[1], geht
es vorranging um die Tat und weniger um den Täter. Ihrer Ansicht nach sind alle
Menschen gleich und jeder kann den gesellschaftlichen Umständen somit
gleichermaßen begegnen, dies hat zur Folge, dass nur die Tat den Kriminellen
von einem Nicht Kriminellen unterscheiden kann. Im Zentrum des Interessens der
klassischen Schule steht die Verhältnismäßigkeit der Sanktionen zum begangenen
Verbrechen. (vgl. www.krimtheo.crminiologie.de)
Gottfredson und Hirschi übernehmen den Handlungsbegriff der klassischen
Kriminalitätstheorie und den Stellenwert den die Tat selbst in der klassischen
Schule einnimmt in ihr Konzept der Selbstkontrolle. (vgl. Lamnek, 2008, S.
110f)
Die von Gottfredson und Hirschi als „positivistischen
Theorien“ benannten Ansätze gehen davon aus, dass Kriminalität anlagebdingt
und somit genetisch vererbbar ist. Der wichtigste Vertrerter dieses Ansatzes
ist Cecare Lombroso, welcher von einem atavistischen[2]
Verprechenstyp ausgeht. Einige Individuuen werden demnach „kriminell“ geboren
und würden früher oder später notwendigerweise kriminielle Handlungen begehen.
(vgl.http://krimtheo.criminologia.de/) Gottfredson und Hirschi übernhemen von
diesem Ansatz den Gedanken, dass die Eigenschaft der Selbstkontrolle zumindest
zum Teil angebohren ist. Im Fogenden befindet sich eine Grafik die das bereits
beschriebene darstellt und grafisch in Verbingung bringt.
Im nächsten Teil der Arbeit werden die Begriffe und
Ansätze des Konzeptes der Selbstkontrolle von Gottfredson und Hirschi
herausgearbeitet.
Begriffe und Ansätze des Konzeptes der Selbstkontrolle:
Das Konzept der Selbstkontrolle ist
eine Kontrolltheorie und stellt zu allererst die Frage, was Kriminalität ist.
Sie versucht die Abwesenheit und nicht das Entstehen von Kriminalität
aufzuzeigen. Gottfredson und Hirschi wollen mit diesem Konzept das Wesen der
Kriminalität erkunden und sie nicht nur als abhängige Variable erachten. Ziel
ist es, abweichendes Verhalten als eigenständiges Phänomen zu begreifen. Dabei
steht die Selbstkontrolle im Mittelpunkt der Theorie. Verfügt ein Individuum
über wenig Selbstkontrolle und hat die Gelegenheit zur Kriminalität, ist es
wahrscheinlich, dass es zu einer kriminellen Handlung kommt. Gottfredson und
Hirschi unterscheiden zwischen „criminality“
und „crime“. Criminiality beschreibt die Tendenz oder Neigung zu kriminellen
Verhalten, während crime den
eigentlichen Akt des Gesetzesbruchs meint. (vgl. www.krimtheo.de)
Einer der wichtigsten Ansätze des
Konzeptes ist, dass fast alle delinquenten Verhaltensweisen dem Ziel der kurzfristigen Befriedigung von
Bedürfnissen dienen. Dieses Phänomen wird von Gottfredson und Hirschi als
„gemeinsamer Nenner“ von kriminellen Handlungen gedeutet. „Es zeigt sich
nämlich, dass in allen Verhaltensweisen sofortiger kurzfristiger Nutzen für den
Akteur entsteht und langfristig, dass das Handeln mit Kosten belastet ist.“ (Lamnek, 2008, S. 109). Das bedeutet, dass
Individuen dazu neigen den kurzfristigen Nutzen in der „Kosten Nutzen Kalkulation“ höher zu bewerten als die langfristigen
Kosten. An diesem Punkt ist die Eigenschaft der Selbstkontrolle entscheidend. Ein
Individuum welches sich nicht der Norm entsprechend, also delinquent verhält,
verfügt nach Gottfredson und Hirschi über eine geringere Selbstkontrolle als
Menschen die sich der Norm entsprechend verhalten. Wie in der Einleitung
bereits vorweggenommen, haben die Autoren des Werkes „A General Theory of
Crime“ einen für die Soziologie sehr unüblichen Weg genommen um das Konzept der
Selbstkontrolle zu veranschaulichen. Anschließend befindet sich eine Grafik
welche die Formel der „Kosten Nutzen Kalkulation“ enthält. Die einzelnen
Variablen sind ebenfalls in dieser Tabelle angeführt. Darauf folgt eine genaue
Erläuterung der Formel in Form eines Fließtextes.
Gottfredson und Hirschi empfinden die
juristische Definition des Delikt- Begriffes
unangemessen. Aufgrund dieser Ablehnung haben sie ein eigenes Konzept des
kriminellen Handelns entwickelt. Dabei wurde ein Handlungsbegriff aus der
klassischen Kriminologie übernommen. (vgl. Lamnek, 2008, S.110f) Um dieses
Konzept übersichtlich darzustellen folgt nun eine Grafik die anschließend
genauer erläutert wird.
Formel/ Variable
|
Bedeutung
|
(B x E+) – (S x E-)
|
Kosten Nutzen Kalkulation
|
(B x E+)
|
Kurzzeitfolgen
|
(S x E-)
|
Langzeitfolgen
|
B
|
Ausmaß an Belohnung
|
E+
|
Eintritts- Wahrscheinlichkeit der
Belohnung
|
S
|
Höhe der Strafe
|
E-
|
Eintritts- Wahrscheinlichkeit der
Strafe
|
(B x E+) steht in dieser Gleichung
für die Versuchung des delinquenten Verhaltens. Als Beispiel kann hier ein
Diebstahl genannt werden. (S x E-) steht demnach für die
Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden und die Strafe welche für, in diesem
Beispiel Diebstahl, vorgesehen ist. Hierbei muss beachtet werden, wie zuvor
schon einmal erwähnt, Individuen die delinquent handeln eher dazu neigen die
Kurzzeitfolgen hoch und die Langzeitfolgen niedrig zu bewerten. Die
„Selbstkontrolle kommt in der Fähigkeit zum Ausdruck, auf unmittelbare
aufwandslose Befriedigung verzichten zu können (deferred gratification pattern), wenn sie mit einer gewissen
Verzögerung auch negative Effekte mit sich bringt“ (Lamnek, 2008, S. 112). Der Mangel an
Selbstkontrolle äußert sich somit in der Unfähigkeit die Zukunft angemessen, in
die oben erläuterte Kosten-Nutzen Kalkulation, mit einzubeziehen. Gottfredson
und Hirschi reduzieren mit dieser These die Kriminalität auf die Unfähigkeit
der Selbstkontrolle. Dies hat den Vorteil, dass die äußeren Umstände die auf
eine Person wirken nicht so sehr ins Gewicht fallen. Zusammengefasst ist
Kriminalität keine Konsequenz mangelnder Selbstkontrolle, sondern mangelnde
Selbstkontrolle eine Voraussetzung für Kriminalität. (vgl. ebd. S. 112f) Anhand eines Beispiels soll nun die
Bedeutung der soeben angeführten Begriffe, als auch das Konzept genauer
erläutert werden.
Max Mustermann befindet sich wieder
in einem Elektronik Geschäft um sich ein Handy zu beschaffen. In diesem Fall
ist einem Angestellten ein Fehler unterlaufen, denn er hat vergessen an einem
der Mobiltelefone die Sicherung anzubringen. Max ist ein Mensch mit dem Hang zur Kriminalität (ciminality) und
geringer Selbstkontrolle. Er bewertet den kurzfristigen Nutzen den aus dem
Diebstahl zieht sehr hoch und das Risiko erwischt zu werden und die daraus
entstehenden Folgen sehr gering. Max steckt das Handy in seine Tasche und
verlässt das Geschäft. Er hat eine kriminelle
Handlung ausgeführt (crime) und ist somit straffällig geworden. Wäre Max in diesem Beispiel ein Mensch mit
viel Selbstkontrolle, hätte er die Langzeitfolgen, welche ihm drohen wenn der
Diebstahl erkannt wird, höher bewertet als den möglichen kurzfristigen Nutzen.
Er hätte der Versuchung der Situation wiederstanden und hätte das Handy nicht
gestohlen.
Doch welche Faktoren bedingen ein hohes Maß an
Selbstkontrolle? Welche Faktoren begünstigen den Hang zur Delinquenz?
Gottfredson und Hirschi gehen davon aus, dass für
die Entstehung von Selbstkontrolle die Mischung von angeborenen Neigungen eines
Menschen und die erhaltene Erziehung eine Rolle spielen. So kann ein Kind bei dem der Mangel an
Selbstkontrolle sich in dessen Verhalten wiederspiegelt, mit Hilfe von
Erziehung positiv beeinflusst werden. „Effective socialization is, however, always possible
whatever the configuration of individual trains” (Gottfredson & Hirschi, 1990, S. 96). Mit diesem Zitat
verdeutlichen sie, wie wichtig die Sozialisation eines Menschen in ihren Augen ist.
Lamnek hat anhand der Ausführungen von Gottfredson und Hirschi, für das bessere
Verständnis der Selbstkontrolle, eine “Lokalisation
der Selbstkontrolle in einem zweidimensionalen Raum” entwickelt. Dabei hat
er auf der X-Achse die „sofortige Belohnung“ der „aufgeschobenen Belohnung“ gegenübergestellt. Auf der Y- Achse steht die Eigenschaft der
Risikobereitschaft der Vorsicht gegenüber. Tendiert ein Individuum dazu
risikobereit zu sein und einer sofortigen Belohnung nicht wiederstehen zu
können, besitzt dieses Individuum eine sehr geringe Selbstkontrolle. Ist ein
Individuum jedoch vorsichtig und kann auf die Belohnung warten, verfügt dieser
Mensch über ein hohes Maß an Selbstkontrolle. Allgemein gilt für die
„Lokalisation der Selbstkontrolle in einem zweidimensionalen Raum“, (vgl. Lamnek, 2008, S.117) desto höher die
Risikobereitschaft und der Drang nach sofortiger Belohnung, desto geringer ist
die Selbstkontrolle eines Menschen und umso höher die Vorsicht und die Geduld,
desto mehr Selbstkontrolle hat ein Mensch. Die folgende Grafik soll dies noch
einmal
zum besseren Verständnis grafisch darlegen.
zum besseren Verständnis grafisch darlegen.
Da sich der folgende Teil
der Arbeit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden der beiden zuvor behandelten
Ansätze widmet, werden an dieser Stelle noch einmal die wichtigsten Punkte der
RCT und des Konzeptes der Selbstkontrolle angeführt. Diese dienen nur dem
besseren Verständnis des nachfolgenden Kapitels und sind somit nur eine Wiederholung
bereits aufgezeigter Punkte.
Die RCT beschäftigt sich
vorrangig mit dem Prozess der Handlungsentscheidung welche in folgenden vier
Phasen abläuft. 1) Der Informationsphase, 2) der Bewertungsphase, 3) des
Schätzens des Nettonutzens und zu guter Letzt 4) die Lösung des
Entscheidungsproblems. Dabei wird von
einem Individuum, je nach Situation, eine ebenso individuelle Form der Kosten-Nutzen-Rechnung
angewandt um zu einer Entscheidung zu gelangen. Die Höhe der Strafe welche auf
die kriminelle zu begehende Tat angesetzt ist, wird ebenfalls in die Kosten-Nutzen-Rechnung
mit einbezogen. (vgl. Lamnek, 2008, S. 181) Beim Konzept der
Selbstkontrolle steht, wie schon der Name des Konzeptes vermuten lässt, die
Selbstkontrolle im Mittelpunkt. Gottfredson und Hirschi gehen davon aus, dass
eben diese zum Teil eine angeborene und zum Teil eine anerzogene Eigenschaft
ist. Sie beschreiben mit Hilfe von einer mathematischen Gleichung eine Kosten Nutze
Kalkulation, in der die kurzfristige Befriedigung eines Bedürfnisses den
Langzeitfolgen einer kriminellen Handlung gegenübersteht. Des Weiteren
unterscheiden die Autoren zwischen den beiden Ausdrücken „criminalty“, welche
für den Hang zur Kriminalität und „crime“, welcher für die kriminelle Tat
steht. (vgl. www.krimtheo.de)
Wie bereits angekündigt
folgt nun die Ausarbeitung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden eben
noch einmal ins Gedächtnis gerufenen Ansät
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