Der Klassenbegriff im Vergleich:
Von den drei, in dieser Arbeit
behandelten Soziologen hat sich Max Weber am ausführlichsten mit dem
Klassenbegriff auseinandergesetzt. Er widmet den „Ständen und Klassen“ in
seinem Buch „Wirtschaft und Gesellschaft“ ein ganzes Kapitel. Weber orientiert
sich bei der Einteilung der Gesellschaft in Klassen am Erwerb von Gütern. Dies
äußert er in dieser Form explizit. „»Klassen« gliedern sich nach den
Beziehungen zur Produktion und zum Erwerb der Güter“ (Weber, 1922, S. 684). Karl Marx stellt die
Produktion in den Mittelpunkt. Jedoch im Unterschied zu Weber ist nicht der
Erwerb, sondern der Besitz von Gütern ausschlaggebend. „Klassenverhältnisse
sind Produktionsverhältnisse und damit zugleich Eigentumsverhältnisse“ (Ritsert, 1998, S. 65). Im Gegensatz zu den
Konzepten von Max Weber und Karl Marx sind bei Bourdieu jedoch nicht nur das
ökonomische Kapital, oder die Produktionsverhältnisse ausschlaggebend, sondern
alle vier Kapitalformen. Diese setzen sich zusammen aus dem schon genannten
ökonomischen Kapital, dem sozialen Kapital, als auch dem kulturellen und
symbolischen Kapital. (vgl. Keßler, 2007, S.4)
Es ist nicht ganz klar wie Marx zum
Begriff der „Klasse“ stand. Er widmete zwar
das zweiundfünfzigste Kapitel des dritten Bandes des „Kapitals“ diesem Thema,
vollendete es jedoch nie. Marx wird in seiner Einteilung der Gesellschaft ein
dichotomes Klassenmodell „unterstellt“.
Christian Schilcher vertritt in seiner Diplomarbeit ebenfalls diese Ansicht und schrieb dazu: „Die Unterscheidung zwischen Eigentum und Nicht-Eigentum an Produktionsmitteln und dementsprechend die zwischen Käufern und Verkäufern der Ware Arbeitskraft läßt in Marx´ abstraktem Klassenmodell nur die Bildung zweier großer Klassen zu“ (Schilcher, 2001, S. 44). Diese von Schilcher erwähnten Klassen, bestehen aus den beiden Polen der Lohnarbeiter und Kapitalisten. (vgl. Ritsert, 1898, S. 59) Da Marx jedoch nie den Klassenbegriff explizit definierte, kann nur vermutet werden, dass er wie soeben aufgezeigt, ein dichotomes Klassenmodell gut heißen würde.
Christian Schilcher vertritt in seiner Diplomarbeit ebenfalls diese Ansicht und schrieb dazu: „Die Unterscheidung zwischen Eigentum und Nicht-Eigentum an Produktionsmitteln und dementsprechend die zwischen Käufern und Verkäufern der Ware Arbeitskraft läßt in Marx´ abstraktem Klassenmodell nur die Bildung zweier großer Klassen zu“ (Schilcher, 2001, S. 44). Diese von Schilcher erwähnten Klassen, bestehen aus den beiden Polen der Lohnarbeiter und Kapitalisten. (vgl. Ritsert, 1898, S. 59) Da Marx jedoch nie den Klassenbegriff explizit definierte, kann nur vermutet werden, dass er wie soeben aufgezeigt, ein dichotomes Klassenmodell gut heißen würde.
Ein Klassenmodell welches nur aus
zwei Polen besteht reicht laut Ritsert jedoch nicht aus um die Diskrepanz des
Kapitalismus konkreter zu beschreiben. (vgl. ebd. S.59) Es ist nur wahrscheinlich, dass dies einer der Gründe ist
warum Max Weber die von ihm geprägten Besitzklassen und Erwerbsklassen, wie
oben schon beschrieben, je in drei Kategorien
unterteilt. In diesem Konzept wird im Vergleich zu Karl Marx die „Mittelklasse“ ein Bestandteil des
Klassenkonzeptes. In diese Klasse fallen all jene „neuen Berufe“ denen zwar Bildung, jedoch Güter nur in Maßen zur
Verfügung stehen.
Bourdieu, der seine Studien im
Frankreich der sechziger Jahre durchführte, kam ebenfalls gleich wie Max Weber,
zu dem Schluss die Gesellschaft in drei
Klassen zu unterteilen. (vgl. Keßler, 2007. S.4) Die Mittelklasse spielt bei
Bourdieu als auch bei Weber eine nicht unwesentliche Rolle. Bourdieu schreibt
der Mittelkasse einen sehr hohen Grad an Bildungsbeflissenheit zu. Auch das
Streben nach „oben“ zeichnet diese Klasse aus. Jedoch steht dieser Nacheiferung der Habitus,
welcher zuvor bereits erwähnt wurde, im Weg. (vgl. Keßler, 2007, S.3) Des
Weiteren lässt sich der Begriff der Mittelklasse nach Bourdieu in drei Gruppen
unterteilen. Das absteigende
Kleinbürgertum, zu dem Handwerker und Händler gehören, das exekutive Kleinbürgertum, zu dem Volksschullehrer und
Büroangestellte zählen und schlussendlich das neue Kleinbürgertum, dem neuere Berufe wie Spezialisten für Public
Relations angehören. (vgl. ebd., S.4) Die Anhäufung von Bildung, welche bereits
an früherer Stelle angesprochen wurde, kann dem exekutiven Kleinbürgertum
zugeschrieben werden. Insbesondere die mittleren Führungskräfte oder Büroangestellten
zeichnen sich durch die Anhäufung von Zeugnissen aus. Bourdieu führt in diesem
Zusammenhang den Begriff der Allodoxia
ein. (vgl. ebd., S.7) „Dieser Begriff meint, dass der Kleinbürger über seine
(kulturellen) Verhältnisse lebt“ (Keßler, 2007, S. 7).
Max Weber benutzt ebenfalls den
Begriff der Mittelklasse, schenkt ihr jedoch nicht so viel Aufmerksamkeit. Sein
Hauptaugenmerk liegt auf der positiv privilegierten Klasse und der negativ
privilegierten Klasse. Der Mittelstandsklasse widmet er gerade einmal drei
Sätze. „Die „Mittelstandsklasse“, welche die mit Besitzt oder
Erziehungsqualitäten ausgestatteten,
daraus ihren Erwerb ziehenden Schichten aller Art umfassen. Einige von ihnen
können „Erwerbsklassen“ sein […] Aber nicht alle sind es“ (Weber, 1964, S. 224).
Die Betonung der positiv und negativ
privilegierten Klassen, kann als eine Parallele zu Karl Marx interpretiert
werden. Marx unterteilt die Gesellschaft in einem dichotomen Zweiklassenmodell.
In Lohnarbeiter und Kapitalisten, welche den Begriffen der bereits erwähnten
positiv und negativ privilegierten Klassen sehr nahe stehen. Den Terminus der
Mittelklasse, den Marx als solchen nicht benutzt, wird jedoch von manchen
marxistischen Klassenanalysen in ihrer Operationalisierung durch die Verwendung
der Schichtenmetaphorik überbrückt. Dies dient der indirekten Einfügung von
Zwischenklassen zwischen den beiden Polen. (vgl. Ritsert, 2007, S. 59) Wird von
so einer Konkretisierung im marxistischen Sinn ausgegangen, unterstützt es die Annahme
der Nähe zum Klassenbegriff Max Webers.
Da nun die wichtigsten Punkte des
Klassenbegriffs im Vergleich aufzeigt wurden, widmet sich diese Arbeit
nachfolgend dem Vergleich des Kapitalbegriffs.
Der Kapitalbegriff im Vergleich:
Bourdieu entlehnt den Begriff des Kapitals von
Karl Marx, jedoch interpretiert er ihn nie im Marxistischen Sinn. (vgl. Jurt,
2012, S. 22) Bourdieu unterteilt das Kapital in vier Kategorien. Eine davon
ist, gleich wie im Sinne Marx und Webers, das ökonomische Kapital. Jedoch ist
es in seiner Geltung dem sozialen, kulturellen und symbolischen Kapital um
nichts höher gestellt. Diese vier Kapitalsorten Bourdieus existieren immer
gleichzeitig und sind ineinander wandelbar (vgl. Lederer, 2005, S.1). Pierre
Bourdieu ist von den drei behandelten Autoren der Einzige der Kapital noch in
einer anderen Form als Geld oder Waren wahrnimmt. Er selbst übte, wie in dieser
Arbeit beschrieben, Kritik an dem rein
ökonomisch verwendeten Kapitalbegriff. Er war der Ansicht, dass der
wirtschaftswissenschaftliche Kapitalbegriff die Gesamtheit der
gesellschaftlichen Austauschverhältnisse auf den bloßen Warenaustausch
reduziere. (vgl. Bourdieu, 1992, S. 50) Jedoch ist, wie schon beschrieben,
ebenso das soziale, kulturelle und symbolische Kapital hilfreich, wenn nicht
sogar essenziell, sind um in irgendeiner Form „Gewinn“ zu erzielen. Des
Weiteren sind, wie schon mehrfach beschrieben, die vier Kapitalformen Bourdieus
ineinander wandelbar. (vgl. Lederer, 2005, S.1) Das soziale, kulturelle und
symbolische Kapital sind somit in irgendeiner Form auch als ökonomisches
Kapital vorhanden. Die Erweiterung des Kapitalbegriffes von Bourdieu ist für
diese Arbeit ein einzigartiger und interessanter Ansatz diesen Term zu
verstehen. Er ist insofern interessant als dass er die im Hintergrund
ablaufenden Mechanismen aus ihrem Schatten holt, die es braucht um in der
Wirtschaftswelt erfolgreich zu sein. Verfügt ein Unternehmer oder eine
Unternehmerin auch nur über eine der vier Kapitalsorten Bourdieus nicht, oder nicht mehr, wird es für ihn oder sie schwer sich in der Wirtschaftswelt zu
behaupten. Denn auch wenn die Kapitalsorgen ineinander wandelbar sind, kann das
Fehlen einer, sich als Problem herausstellen. Um diese These zu
veranschaulichen folgendes Beispiel[1]:
Ein/e Unternehmer/in hat genug ökonomisches
Kapital um seinen/ihren Shop zu eröffnen. Er/ Sie hat auch genug Erfahrung im
Leiten eines Betriebes, und ebenso ein paar geschäftliche Beziehungen.
Allerdings ist er/sie in der Stadt in der er/sie den Shop eröffnen will bei den
Bewohnern in Missgunst gefallen, da er/sie den Müll ihres/seines vorigen
Unternehmens nicht fachgerecht entsorgt hat. Dieses frühere Fehlverhalten hat
negative Auswirkungen auf den Umsatz des Geschäftes. Hätte ein Gutachter vor
der Eröffnung des Ladens ein Gutachten erstellt, einmal im Sinne Marx und
Webers[2]
und einmal im Sinne von Bourdieu, so hätte er
verschiedene Ergebnisse erhalten. Geht man von Marx und Webers
Verständnis von Kapital aus, hätte der Gutachter dem/der Unternehmer/in „grünes
Licht“ für sein/ihr Geschäft gegeben da genug ökonomisches Kapital vorhanden
ist. Bezieht man sich jedoch auf Bourdieus Idee von Kapital, hätte der
Gutachter das Problem des Fehlens von symbolischem Kapital erkannt und
eventuell eine Gegenmaßnahme empfohlen. So hätte sich der/ die Unternehmer/in
an der nächsten Stadtpark- Säuberungsaktion beteiligen können, oder sich
öffentlich für sein/ihr Fehlverhalten in der Vergangenheit entschuldigen
können.
Marx und Weber begnügen sich, im Vergleich zu
Bourdieu, mit einer rein ökonomischen
Definition des Kapitals. Eine weitere Gemeinsamkeit von Karl Marx und Max Weber
in Bezug auf den Kapitalbegriff ist, dass Kapital keineswegs nur „Geld“ meint.
Vielmehr ist es ein abstrakter Begriff der eine Form von Wert zum Ausdruck
bringen soll. Weber bezieht den Begriff auf sämtliche Erwerbsgüter, egal ob in
Natura oder in Geld Form (vgl. Weber, 1964, S.64). Marx bezeichnet Kapital als
Geld oder Ware, welche in einer gewissen Form „Gewinn“ erzielen kann (vgl. Marx
& Engels, 1968, S. 170)
Da die wichtigsten Gemeinsamkeiten und
Unterschiede nun an dieser Stelle herausgearbeitet wurden, widmet sich der
nachfolgende Teil dem Ergebnis dieser Arbeit.
Bourdieus Klassenbegriff ist in dieser
Gegenüberstellung einzigartig, da er den Begriff des Habitus einführt. Jede
Klasse besitzt eine eigene Form des Habitus und ein Individuum ist somit
unweigerlich durch ihn an seine Klasse gebunden. Es ist für ein Individuum
somit nahezu unmöglich den Habitus seiner Klasse abzulegen und sich den einer
anderen Klasse anzueignen. Max Weber hingegen sieht im Erwerb von Gütern das
vorrangige Unterscheidungsmerkmal zwischen den Klassen. (vgl. Weber, 1922, S.
684) Für Marx spielen ebenfalls die Güter in der Unterscheidung von Klassen
eine wichtige Rolle, jedoch stellt er nicht den Erwerb, sondern den Besitz von
Gütern in den Mittelpunkt seiner Klassentheorie. (vgl. Ritsert, 1998, S. 65) An
dieser Stelle muss erwähnt werden, dass Marx nie dazu kam sich ausführlich mit
dem Klassenbegriff auseinander zu setzen. So wird ihm häufig ein dichotomes
Klassenmodell unterstellt. (vgl. Schilcher, 2001, S.44) Max Weber und Pierre Bourdieu
gehen im Vergleich dazu von einer Dreiteilung der Gesellschaft aus. Die
Mittelklasse steht in ihren Modellen zwischen den Polen der Lohnarbeiter und
Kapitalisten. (vgl. Ritsert, 2007, S. 59)
Der Begriff des Kapitals ist eng mit
dem der Klassen verwoben. Es ist schwer den einen Begriff ohne den anderen zu
behandeln. Bourdieu geht in diesem Vergleich einen einzigartigen Weg, in dem er
dem ökonomischen Kapital drei weitere Kapitalformen hinzufügt. Diese drei
weiteren Formen setzen sich aus dem sozialen, kulturellen und dem symbolischen
Kapital zusammen. Das ökonomische Kapital ist im Sinne Marx und Webers ein
abstrakter Begriff. Er kann jegliche Form von verwertbaren Gut annehmen und ist
keinesfalls mit Geld gleichzusetzen. So bezeichnet Marx Kapital als Geld oder
Ware, mit der Gewinn erzielt werden kann. (vgl. Marx & Engels, 1968, S.
170)
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